Gastronomie

Sicherheit mit jedem Bissen

von Susanne Holzer
Illustration: Istock

Wie Blockchain aufklären kann

Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial, die Herkunft von Lebensmitteln transparenter zu gestalten und den gesamten Prozess hinter kulinarischen Gütesiegeln zu dokumentieren. Blockchain kann außerdem dazu beitragen, Lebensmittelskandale zu reduzieren und Menschen mit Lebensmittelallergien ein sicheres kulinarisches Erlebnis zu bieten. Die Zukunft des Essens wird digital neu definiert – durch Vertrauen, Transparenz und damit einen sorgenfreien Genuss.

Was ist die Blockchain überhaupt?

Sehr vereinfacht erklärt: Stell dir vor, deine Freund:innen und du arbeiten gemeinsam an einem digitalen Kunstwerk. Jeder von euch hat eine Kopie davon und kann sehen, was die anderen hinzufügen. Jedes Mal, wenn jemand etwas Neues beiträgt, wird es aufgeschrieben und gespeichert. Niemand kann eine Veränderung heimlich vornehmen oder löschen, weil alle das sehen können.
Eine Blockchain funktioniert ähnlich – eine dezentrale digitale Technologie, die Informationen in Form von Blöcken speichert und diese in einer chronologischen Kette miteinander verknüpft. Wenn neue Informationen hinzugefügt werden, bleiben sie dauerhaft und sicher gespeichert. 
Diese Technologie bietet Sicherheit, Transparenz und Authentizität bei der Speicherung und Übertragung von Daten, ohne dass eine zusätzliche zentrale Autorität erforderlich ist. 
Blockchains finden Anwendung in verschiedenen Bereichen wie Kryptowährungen, Gesundheitswesen, Finanzwesen und mehr.
Im Kontext der Gastronomie konzentriert sich das Potenzial von Blockchain aktuell auf die transparente Nachverfolgung von Lebensmitteln.

August 2023, und erneut sorgt ein Lebensmittelskandal für Schlagzeilen. Diesmal handelt es sich um mit Salmonellen vergiftetes Fleisch, das zu Erkrankungen und sogar einem Todesfall geführt hat. Nach einer kurzlebigen Phase der Empörung ist ein paar Wochen später alles wieder vergessen. Wir haben uns an die Skandale gewöhnt, so scheint es.
Aber gehen wir jetzt doch kurz davon aus, dass es einen nachhaltigen Aufschrei gibt und eine gemeinsame Suche nach Lösungen für die Frage: 
Wie kann man die Herkunft von Lebensmitteln transparenter machen, nämlich idealerweise entlang der gesamten Lieferkette, vom Hof bis zum Greißler, zum Lokal oder Restaurant? 
Es muss doch heute bessere Möglichkeiten geben als eine gefällig gestaltete Seite in den Speisekarten, auf der alle Bauernhöfe gelistet sind, von denen Zutaten bezogen wurden – immer sympathisch klein, saisonal, regional und selbstverständlich nachhaltig.
Wir Gäst:innen können uns gemeinsam mit der Gastronomie der Herausforderung stellen (oder es zumindest aktiver einfordern), Lebensmittelbetrug zu bekämpfen, aber auch im Falle eines Rückrufs (Listerien, Salmonellen etc.) eine schnellere Nachverfolgbarkeit anhand einer transparenten Lieferkette zu ermöglichen. 
Eine Antwort darauf könnte in der Blockchain-Technologie liegen.

Nachvollziehbarkeit in der Lieferkette

Die Blockchain kann helfen, die gesamte Lieferkette transparent zu dokumentieren (siehe Infobox). 
Ein einfacher QR-Code auf einer Verpackung kann wichtige Informationen wie die Herkunft eines Tiers, den Einsatz von Antibiotika oder den Schlachtungsort anzeigen.
Informationen bzw. Daten auf einer Blockchain sind nahezu unmöglich zu hacken oder zu manipulieren. Das bedeutet, dass alle Nutzer:innen jederzeit auf die Informationen zugreifen können. So wird für die Gäst:innen z.B. ersichtlich, woher die Lebensmittel stammen, wie sie verarbeitet wurden, aber auch wie und wie lange sie transportiert wurden. 
Je mehr Automatisierung innerhalb der einzelnen Schritte entlang der Produktions- und Lieferkette eingeführt wird, desto geringer wird das Risiko von Manipulation. Für die Beteiligten in der Lieferkette bedeutet das natürlich, ihre Prozesse anzupassen. Von Ackerbäuer:innen mit digitalen Trackern auf ihren Traktoren über Logistikunternehmen, die beispielsweise die Kühlkette digital dokumentieren, bis zu Großhändler:innen, die die Produkte weiterverarbeiten.
Große Lebensmittelunternehmen wie Nestlé, Carrefour und Walmart setzen bereits auf Blockchain-Technologie und testen die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten. So konnte Walmart beispielsweise durch die Verwendung von Blockchain die Rückverfolgung von Mangos von Tagen auf Sekunden reduzieren. Im Falle von Lebensmittelrückrufen bietet die schnelle Nachvollziehbarkeit durch Blockchain damit enorme Vorteile. 
Außerdem können so, anstatt große Mengen an Lebensmitteln zu vernichten, gezielt nur wirklich betroffene Produkte aus dem Verkehr gezogen werden.

Gütesiegel ganz einfach

Blockchain hat das Potenzial, den gesamten Dschungel an kulinarischen Gütesiegeln zu vereinfachen. Aktuell sind Gütesiegel oft statische Informationen auf Etiketten oder Verpackungen, und die Überprüfung der Betriebe lässt viele Schlupflöcher zu. 
Blockchain könnte dabei helfen, Verbraucher:innen über die genauen Kriterien der Gütesiegel zu informieren. Mit Echtzeitdaten könnte man genau sehen, welche Standards erfüllt werden müssen, um ein bestimmtes Gütesiegel zu erhalten.
Durch die dezentrale und transparente Natur der Technologie könnten Lebensmittelhersteller:innen und Restaurants ihre Qualitätszertifikate und Gütesiegel in Echtzeit verifizieren und überprüfen lassen.
Die Blockchain ermöglicht es somit, kulinarische Gütesiegel zu einem verlässlichen Maßstab für Qualität, Nachhaltigkeit und Authentizität zu machen, was wiederum die Glaubwürdigkeit der gesamten Lebensmittelindustrie stärken kann.

In Ruhe genießen mit weniger Risiko

Besonders spannend kann der Einsatz von Blockchain außerdem für Menschen mit Lebensmittelallergien sein. Beispielsweise wenn sie ein Event mit unterschiedlichen Foodtrucks besuchen, die eine Vielzahl exotischer Gerichte aus verschiedenen Ländern anbieten. 
Anstatt sich Sorgen über Lebensmittelallergien oder -unverträglichkeiten machen zu müssen, kann rasch ein Smartphone gezückt und der QR-Code des Gerichts gescannt werden.
Die Blockchain-Technologie würde sofort Informationen über die verwendeten Zutaten, mögliche Allergene und Nährwertangaben oder potenzielle Cross-Kontaminationen bereitstellen. Diese verifizierten Daten könnten das kulinarische Erlebnis für Menschen mit speziellen Ernährungsbedürfnissen erheblich verbessern. Dank Blockchain hätten betroffene Personen ein Höchstmaß an Kontrolle über ihre Essenswahl und könnten sich sicher fühlen, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen.

Storytelling ganz neu

Indem wir uns die Blockchain-Technologie in der Gastronomie vorstellen, entdecken wir aber auch eine Zukunft, in der unsere Mahlzeiten ihre eigene Geschichte erzählen – ungeschönt, aber nicht unbedingt weniger spannend zu lesen. 
Nehmen wir zum Beispiel unseren geliebten Burger. Wir setzen uns in unser Lieblingsrestaurant und öffnen die Speisekarte. Ein kurzer Scan über den QR-Code neben dem „Signature Burger“, und wir befinden uns mitten auf einer Reise. Wir erfahren alles über das saftige Fleisch – wo das Rind aufgewachsen ist, was es gefressen hat, wie es transportiert wurde. 
Es ist, als ob wir direkt auf die Weide des Bauernhofs blicken könnten – und selbst das wäre wohl machbar.

Die Zukunft kann kommen

Zusammenfassend eröffnet die Integration von Blockchain in die Gastronomie ein weites Feld voller Potenziale. Von der Transparenz der Lebensmittelherkunft bis zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und dem Schaffen eines interaktiven Speiseerlebnisses haben wir gerade erst begonnen, die Möglichkeiten dieser revolutionären Technologie zu erkunden. 
Die Blockchain könnte nicht nur die Art und Weise verändern, wie wir essen, sondern auch unser Verständnis von Nachhaltigkeit, Ethik und Qualität in der Kulinarik neu definieren.

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