Gesellschaft, Zukunft

Growstadt­­dschungel

von Thomas Weber

Macht Balkonien zum Kräuter- und Gemüsegarten: Ein Vertikalbeet ist platzsparend und nützt das milde Großstadtklima für ganzjährig frisches Grünzeug.

Foto: Jürgen Herler

Der Platzbedarf ist minimal, die Wirkung aufs Mikroklima beachtlich – denn ein dichtes, ganzjährig bepflanztes Kräuter- oder Gemüsebeet in der Vertikalen schafft eine ähnliche Atmosphäre wie dieselbe Fläche an Wiese in der Horizontalen. Vor allem in der heißen Jahreszeit senkt die Vegetation die Temperatur in der unmittelbaren Umgebung um einige Grade. Je mehr Grün, desto besser fürs Wohlbefinden, und desto erträglicher werden auch Hitzesommer. Kleine Balkone bieten selten Platz für weitläufiges Grün. Fläche in der Vertikalen ist aber fast immer vorhanden. Durchdachte Vertikalbeete erfreuen sich deshalb gerade in Ballungsräumen steigender Beliebtheit. Der eigentliche Ernteertrag in diesen Beeten ist eher sekundär. Mit entsprechendem Engagement, einem grünen Daumen und, natürlich, in der richtigen Lage lassen sich aber auch im Vertikalbeet schöne Ernten einholen. Für sein Vertikalbeet wurde Herbios vergangenen Herbst in der Sonderkategorie Biogarten als „Bio-Produkt des Jahres“ ausgezeichnet. Dahinter steckt der Wiener Biologe und Biogärtner Jürger Herler, der sich seit Jahren wissenschaftlich und aktivistisch für die „essbare Stadt“ engagiert. Sein Vertikalbeet bietet den optimalen Rahmen fürs Gärtnern auf wenig Raum. Reinhard Gessl vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau war einer der Juror:innen für das Bio-Produkt des Jahres und begeistert von der Innovation: „Dieses moderne Vertikalbeet zeichnet sich vor allem durch einen zusammenhängenden Erdkörper aus. Mit dem großen Wurzelraum lässt sich sehr platzsparend sogar Biogemüse anbauen.“ Viele andere Vertikalbeete sind vor allem für anspruchslose Kräuter ausgelegt.Wie das Herbios-Beet bepflanzt und genutzt wird, hängt von den eigenen Vorstellungen und Vorlieben ab. Durch den Erdkörper im Inneren des Vertikalbeets eignet es sich jedenfalls auch für Pflanzen, die tiefer wurzeln – etwa Schwarzwurzeln, Rote Rüben, Pastinaken oder Paradeiser. Am Balkon, in Hinterhöfen oder an geschützten Hauswänden ist es ganzjährig nutzbar und auch auf Dachterrassen oder im Gastgarten ein Blickfang. Von Vorteil: Selbst bei diesbezüglich sonst empfindlichen Salatpflänzchen gelangen gefräßige Nacktschnecken selten auf den Balkon und werden in der Vertikalen deshalb auch nicht zum Problem. Schleppt man die Tiere trotzdem einmal ein, klaubt man sie einfach ab.Wer sich nicht allzu viele Gedanken machen möchte, womit das Vertikalbeet am besten bestückt wird, kann ein Rundumpaket kaufen. Es umfasst biozertifizierte, torffreie und regionale Erde, ein Bewässerungssystem und sogar Biowintergemüsesamen. Denn wie die Feldforschung in den vergangenen Jahren gezeigt hat, wachsen Lauch, viele Kohl-, einige Spinatsorten (etwa der „Winterriese“), aber auch Asiasalate und Mangold ganzjährig. Und in der Stadt, wo die Temperaturen um einige Grade höher sind als auf dem Land, wächst Wintergemüse besonders gut.


Foto: Jürgen Herler

„Säen, wachsen, glücklich sein“

Der Rahmen des Vertikalbeets von Herbios ist stabil, selbststehend und aus Waldviertler Lärchenholz, das besonders witterungsbeständig ist. Die unten offenen Pflanztröge werden vor dem Erdkörper breitseitig eingehängt. Dabei ist der Anbau ein- oder mehrseitig möglich. Mit seinen optionalen Tropfleitungen für eine automatisierte Bewässerung überdauert das Grünzeug im Vertikalbeet auch Schulferien oder längere Urlaubsabwesenheiten unbeschadet. Damit bringt Herbios die private Kräuter-, Salat- und Gemüsegärtnerei auch ganzjährig in die Städte. Und der gärtnernde Aktivist Jürger Herler ist seiner Utopie einer „essbaren Stadt“ ein paar entscheidende Schritte nähergekommen.

herbios.at

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