News, Produktion

Wurzelbehandlung mit Geschmack

von Hanna Stummer

Nachmittagsprogramm bei der SXSW: Wolkenbrüche, Hard Seltzer und Myzel


Foto: Meati.com

Die SXSW in Austin, Texas, hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer Technologiekonferenz mit angeschlossenem Musik- und Filmfestival zu einem generellen Hub für Innovation entwickelt. An Bedeutung gewann in den letzten Jahren auch der Food Track, der Innovation in Ernährung und Lebensmittelproduktion im Fokus hat. Nebst Unmengen an Informationen aus Vorträgen und sehr unbeständigem Wetter (man wird informiert: „if you don’t like the weather in Austin, just wait five minutes – it will change”) bleiben so von der SXSW besonders kulinarische Eindrücke in Erinnerung. Zusätzlich zu massig mit Alkohol gepimpten Soft Drinks (Hard Seltzer, Hard Lemonade) werden in der Lounge täglich Kostproben und Produktneuheiten verschiedenster Marken gereicht. Was merkenswert Eindruck hinterließ: Die wörtliche Geschmacksexplosion, für die Meati, Food-Sponsor des Festivals, zusammen mit der Restaurantkette Hattie B’s verantwortlich ist, nämlich vegetarisches Nashville Hot Chicken mit Popping Candy. Es ist mit gewürzter Panier und einer Cayennepfeffer-Sauce überzogen, die dem Gericht den charakteristischen roten Farbton verleiht. Serviert wird das Häppchen wie auch das Originalsandwich auf Weißbrot mit Essiggurkenchips – und auf der SXSW eben zusätzlich mit gewürzten Zuckerkristallen, die im Mund knistern und knallen und so Kindheitserinnerungen wecken.


Foto: Meati.com

Grundlage ist das eigentliche Produkt von Meati, das fleischfreie „Hühner”-Patty. Dieses wird nämlich nicht wie so oft bei Fleischersatzprodukten aus Soja oder Pflanzenprotein gewonnen, sondern aus Myzel. Außer aus dem Biologieunterricht kennt man dieses Wort eventuell aus der Produktion vieler jahrhundertealter japanischen Spezialitäten wie Sake oder Miso oder indonesischem Tempeh, welche alle drei mithilfe von Schimmelpilzkulturen hergestellt werden – im Falle von Tempeh ist der weiße Myzel-Flaum, welcher um die Sojabohnen wächst, auch im Endprodukt gut erkennbar. 
Myzel nennt man das Geflecht an fadenförmigen Zellen, mit Hilfe dessen Pilze Nährstoffe aufnehmen – sozusagen die „Wurzeln“ von dem, was wir als Speisepilze kennen. Meati verwendet Pilzsporen, die mittels Zusatz von Wasser, Zucker und Nährstoffen aus Erde zu der verflochtenen Struktur heranwachsen, aus der das finale essbare Produkt gewonnen wird. Das Myzel wird lediglich noch gepresst und gewürzt.

Foto: Shutterstock.com

Neben Geschmack und Textur, die Fleisch auf Grund seiner Fasrigkeit deutlich ähnelt, ist vor allem die Herstellung bemerkenswert: sie kommt ohne Pestizide oder Antibiotika aus und ihr ökologischer Fußabdruck ist weitaus kleiner als bei „echtem” Fleisch. In Zeiten von zunehmenden, immer drastischeren Auswirkungen globaler Erwärmung ist es für die Gesellschaft durchaus sinnvoll, neuartige Produkte zu erforschen und alte Methoden zu verbessern –  und als Konsument:in Fleischalternativen zumindest teilweise in den eigenen Nahrungsplan einzubauen. Ob Meati bald in Europa erhältlich sein wird, ist noch offen – aber soviel ist klar: Food-Innovation an der Fleischersatz-Front bleibt spannend.

meati.com

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