Eine Ode an den flüssigen Umami-Kick
Foto: Matthias Balgavý
Im tiefen, europäischen Winter nach Mexiko zu reisen, hat nicht nur Vorteile für den Vitamin-D-Haushalt. Neben der kulturellen Erweiterung des Horizonts entflieht man der Dunkelheit und kann sich dank Zeitverschiebung und damit einhergehender Funkstille ganz der Forschung widmen. In meinem Fall dem Mythos rund um einen meiner liebsten Durstlöscher: der Michelada.
In unzähligen, nicht fest geschriebenen Rezepturen kredenzt und in mehrere Subkategorien unterteilt, ist die bierige Erfrischung bei uns immer noch sehr selten anzufinden und scheidet die Geister ähnlich wie Lakritze: Man liebt sie oder hasst sie!
Eine kurze Einführung
Wenn man durch Mexiko reist, ist die Michelada allgegenwärtig, aber immer anders gewandet. Es scheint fast, als wäre sie eine living legend, ein Mythos, entstanden in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Vieles bleibt offen, ungeklärt, unbeantwortet und selbst die Mexikaner:innen die ich befragte, gaben unterschiedlichste, aber immerzu selbstbewusste Antworten. Letztendlich einigten wir uns auf ihre Existenz und akzeptieren diese wohlwollend.
Der erste Schluck schneidet unweigerlich eine Furche in das Langzeitgedächtnis der Geschmackswurzeln. Pures Umami-Beben. Spritzig, scharf, sauer, süß, salzig, bitter– und eigentlich nicht mehr als Bier wiederzuerkennen. Grandios! Dabei ist es so simpel: Ein Glas mit Chili- und/oder Salzrand, Eiswürfel, Limettensaft und ggf. eine der vielen Saucenmischungen. Das Bier zum Aufgießen darf auch nicht fehlen. That’s it.
Unterschieden wird zwischen mehreren verschiedenen Grund-Varianten (die ebenfalls teilweise je nach Ort und Barkeeper:in variieren):
- der Chelada (Salzrand, Limettensaft, Eiswürfel, Bier)
- der Michelada Clasica (Salz/Chilirand, Limettensaft, Chilisauce, Würze wie zum Beispiel Maggi, Soja oder Worcestersauce, Eiswürfel, Bier)
- der Michelada Cubano (Salz/Chilirand, Limettensaft, Würze (siehe oben)
- der Michelada Clamato (Salz/Chilirand, Limettensaft, Clamato Juice, Chilisauce, Würze (siehe oben)Eiswürfel, Bier)
Grundsätzlich wählt man also eine der oben angeführten Varianten aus und dazu ein Bier der persönlichen Wahl. IMO eignen sich am besten helle, milde Lager wie Dos Equis, Pacifico oder Corona. Die Basis wird dann von dem/der Barkeeper:in frisch gemixt und je nach Geschmack selbst am Tisch mit Bier aufgegossen.
Foto: Matthias Balgavý
Die Preise variieren natürlich je nach Ambiente. Festhalten möchte ich an dieser Stelle, dass eine Michelada auf keinen Fall hochpreisig wie ein Cocktail werden darf. Zumeist berappten wir um die 0,5 bis 3 EUR für die Basis, dazu kommt nochmal das gewählte Bier. Eine Michelada sollte also bodenständig sein wie ein Bier.
Ich persönlich habe mich jedenfalls der klassischen Michelada gewidmet, da mir bei der Chelada der Chili-Kick fehlt, die Cubano zu suppig/würzig und die Clamato „Miche“ wiederum zu tomatig/weird schmeckt. Clamato? Im Grunde ein Mix aus Venusmuschel- und Tomatensaft. Yep. Richtig gelesen.
Eine Michelada kann somit sämtliche Geschmacksrichtungen einnehmen. Von salzig-limonig bis feurig oder fischig ist alles dabei. Es gibt allerdings so viele verschiedene Rezepte wie Tacostände.
Hier habe ich von groben sauren Gurkenstücken in Worcester Sauce zu Sojasauce oder sehr tomatig mit Selleriestange (ähnlich einer Bloody Mary) bis fischig-übersaurem alles Mögliche serviert bekommen. Auch bei Partys in großen 1 Liter Kübeln zubereitete Monster-Mixes, namens GOMICHELA, mit Gummibärchen, Maracuja, Ananas oder Pina Colada gibt es. Fad wird es nie … und an dieser Stelle muss ich es zugeben: Ich konnte nicht alle testen. Zu groß der Markt. Zu knapp die Zeit.
Die Zubereitung einer Gomichela ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Foto: Matthias Balgavý
Die „klassische“ Michelada ist jedenfalls mein persönlicher Favorit. Man kann sich noch am ehesten darauf verlassen, was man serviert bekommt – und der Geschmack lässt dich nie wieder los. Eine Erfrischung, die vor allem an heißen Nachmittagen wunderbar funktioniert – übrigens genauso in alkoholfreier Variante.
Die fancy Restaurants in Mexico Stadt und Oaxaca servieren sie zwar bereitwillig (auch wenn sie nicht auf der Karte angeschrieben sind), trauen den Tourist:innen aber wohl den Geschmack nicht zu. Die Resultate waren meist zu mild, zu langweilig, zu vorsichtig.
Die richtigen Kracher bekommt man da, wo auch insgesamt alles etwas lockerer und authentischer zugeht: Den Taco-Läden oder unzähligen Bars. Mein absoluter Favorit: Die Michelada bei Taco Maria in Mexico City.
Hier noch meine Empfehlung zum Nachmischen:
Zutaten
- 1-2 Limetten (je nach Größe und Saftigkeit)
- Tajin Chilisalz
- Eiswürfel
- Valentina Chilisauce
- Worcestersauce
- Bier nach Wahl (Empfehlung: Helle Lager wie z.B. Pacifico oder Corona)
Foto: Matthias Balgavý
Zubereitung
1. Die Limette halbieren und mit einer Hälfte den Glasrand einreiben. Tajin auf einen Teller streuen und den mit Limettensaft befeuchteten Rand eindrehen.
2. Danach den restlichen Limettensaft sowie 2-3 Eiswürfel in das Glas füllen.
3. 2-3 Spritzer Worcestersauce (je nach Geschmack)
4. 2-4 große Spritzer Valentina (je nach gewünschtem Schärfegrad)
5. Mit Bier aufgießen und vorsichtig durchrühren. Fertig.
Alle Zutaten sind z.B. in Casa Mexico 1070 Wien erhältlich.
Viel Spaß beim Kosten!