Zukunft

Vier Food-Tech Trends für 2024

von Nina Mohimi

Nutriceuticals, Food Coaching, Proteine & Future Crops


Foto: Pexels.com/Nataliya Vaitkevich

Trends im Bereich Food-Tech konzentrieren sich auf Schlüsselbereiche der Lebensmitteltechnologie. 2022 wurden 5,9 Milliarden Euro in europäische Food-Tech-Start-ups investiert, fast doppelt so viel wie in den Jahren davor. Für 2024 zeichnen sich neue Chancen ab, die die Zukunft der Lebensmittel- und Getränkeindustrie prägen können. Das betrifft besonders Investitionen in nachhaltige Praktiken und die Entwicklung von Produkten, die den sich an den wandelnden Verbraucher:innenbedürfnissen orientieren.

Nutriceutical

Die Integration von Ernährung in den medizinischen Kontext, insbesondere durch individuelle Personalisierung, zielt darauf ab, die Gesundheit von Verbraucher:innen signifikant zu verbessern. Das geschieht durch die Bereitstellung von einfach zu nutzenden, maßgeschneiderten Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. 
In einer Zeit, in der ein zunehmendes Bewusstsein für gesunde Ernährung herrscht, haben sich Nutriceuticals – ein Begriff, der sich aus den Worten „nutrition“ (Nährstoffe) und „pharmaceuticals“ (Pharmazeutika) zusammensetzt – als einer der führenden Trends in der Lebensmittelindustrie etabliert.
Nutriceuticals umfassen eine Vielzahl von Produkten, darunter Nahrungsergänzungsmittel, funktionelle Lebensmittel, medizinische Lebensmittel und solche, die auf die Verbesserung des Darmmikrobioms abzielen. Diese Produkte stehen an der Schnittstelle zwischen Nahrung und Medizin und sollen gesundheitliche Vorteile bieten, die über die grundlegende Ernährung hinausgehen.
Ein innovativer Ansatz in diesem Bereich ist die Entwicklung neuer Inhaltsstoffe, wie beispielsweise gentechnisch veränderte Produkte, die auf Muttermilch basieren. Diese Art der Innovation zielt darauf ab, die ernährungsphysiologischen Vorteile von Muttermilch für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen, indem sie in verschiedenen Lebensmittelformen integriert werden.
Insgesamt reflektiert dieser Trend das wachsende Interesse an einer Ernährung, die nicht nur sättigt, sondern auch spezifische gesundheitliche Bedürfnisse adressiert. Durch die Kombination von wissenschaftlichen Erkenntnissen und technologischen Innovationen wird die Ernährung zunehmend zu einem integralen Bestandteil der persönlichen Gesundheitsvorsorge und -optimierung.

Food Coaching

Angetrieben von ähnlichen Beweggründen wie personalisierte Ernährung, erfährt der Bereich des Food Coachings in der FoodTech-Industrie eine rasante Entwicklung. Dieser Ansatz hat das Ziel, Verbraucher:innen bei der Verwaltung ihrer Ernährung und der Umsetzung individueller Ernährungspläne zu unterstützen.
In diesem Kontext setzen viele Unternehmen auf innovative Technologien wie Atemanalysegeräte, Mikrobiomtests und sogar genetische Analysen, um personalisierte Ernährungsempfehlungen zu erstellen. Diese Tools ermöglichen es, individuelle Gesundheits- und Ernährungsbedürfnisse präziser zu erfassen und darauf basierend maßgeschneiderte Ernährungspläne zu entwickeln.
Darüber hinaus berücksichtigen personalisierte Ernährungslösungen individuelle Vorlieben und Bedürfnisse, wie zuckerfreie, glutenfreie und vegane Ernährungsoptionen. Diese Individualisierung kommt dem wachsenden Bewusstsein für Gesundheit, Wohlbefinden und diätetischen Einschränkungen entgegen.
Technologische Fortschritte spielen eine entscheidende Rolle bei der Skalierung personalisierter Ernährungsangebote. Beispielsweise ermöglichen der 3D-Druck von Lebensmitteln und die Integration von Robotertechnik in Produktionslinien eine hochgradig individualisierte und effiziente Herstellung von Nahrungsmitteln.
Insgesamt zeigt die Entwicklung im Bereich des Food Coachings und der personalisierten Ernährung, wie Technologie und Innovation auf die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen der Verbraucher:innen eingehen und dabei helfen, einen gesünderen und bewussteren Lebensstil zu fördern. Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung dieser Technologien wird dieser Sektor voraussichtlich weiterhin ein wichtiger Trend in der Food-Tech-Industrie bleiben.

Proteinreiche Lebensmittel

Der Trend zu proteinreichen Lebensmitteln, der ursprünglich aus der Sporternährung stammt, hat sich ausgeweitet. Aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen gehen Verbraucher:innen zunehmend zu alternativen Proteinquellen über. Das macht sie zu einem wichtigen Trend in der Lebensmitteltechnologie. Zu diesen Alternativen gehören beispielsweise kultiviertes Fleisch und im Labor gezüchtete Lebensmittel. Spannend für Investor:innen sind aktuell kultivierte Proteine ​​– die allerdings noch ein paar Jahre davon entfernt sind, marktreif zu sein (abgesehen von der begrenzten Verfügbarkeit von zellkultiviertem Fleisch). Die wichtigsten Herausforderungen (abgesehen von regulatorischen Genehmigungen) sind niedrigere Kosten, stabile Zelllinien, besserer Geschmack und Textur sowie die Skalierung der Produktion.
Im Feld der Präzisionsfermentation konzentrieren sich Unternehmen darauf, beispielsweise Milchproteine ​​durch Einfügen des genetischen Codes des gewünschten Proteins in einen Mikroorganismus vor der Fermentation nachzubilden. Regulatorische und Skalierungsbarrieren (insbesondere für Kasein) sind hier entscheidend, ebenso wie die Preisparität.
Bei der Biomassefermentation verwenden Unternehmen Mikroben, die Proteine ​​in einer unkontrollierten Umgebung produzieren können, um Proteinprodukte zu erstellen. Dieser Ansatz steht vor Herausforderungen, insbesondere der behördlichen Freigabe. 
Molekulares Farming – das genetisch veränderte Pflanzen beinhaltet, die Proteine ​​produzieren – ist sehr vielversprechend und skalierbarer als Präzisionsfermentation oder Zellkultivierung, befindet sich jedoch noch in einem experimentellen Stadium.

Gentechnik für Future Crops

Die Verwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft ist in Europa ein besonders vielschichtiges und emotional besetztes Thema, das eine breite Palette an wissenschaftlichen, ethischen, ökologischen und sozialen Fragen aufwirft. Auf der einen Seite steht das wissenschaftliche Potenzial gentechnisch veränderter Organismen (GVOs), welches Versprechen von höheren Erträgen, Krankheitsresistenz und verbesserten Nährwerten beinhaltet. Diese Entwicklungen könnten maßgeblich zur Lösung von Herausforderungen wie Nahrungsmittelsicherheit und der Reduktion von Umweltbelastungen beitragen.
Andererseits gibt es Bedenken bezüglich der langfristigen Auswirkungen von GVOs auf die Gesundheit und die Umwelt. Viele Menschen in Europa hegen Skepsis gegenüber der Sicherheit und der Natürlichkeit von GVO-Lebensmitteln. Dieser Zweifel ist teilweise in der starken Tradition und Wertschätzung einer naturnahen Landwirtschaft und traditionellen Lebensmitteln verwurzelt. Hinzu kommt die Besorgnis über die zunehmende Machtkonzentration in der Agrarindustrie und eine wachsende Abhängigkeit von großen Agrochemieunternehmen.
Ungeachtet dieser Bedenken setzen Food-Tech-Start-ups weltweit ihre Arbeit an der Verbesserung der Saatgutqualität fort, mit dem Ziel, Pflanzen resistenter gegen Krankheiten zu machen, Erträge zu steigern, die Blütezeit zu kontrollieren, die Nährstoffqualität zu verbessern und die Haltbarkeit nach der Ernte zu verlängern. Zu den häufig angewandten Technologien gehören die genetische Hybridisierung, also die Kreuzung verschiedener Genotypen, und die Geneditierung, insbesondere mit Techniken wie CRISPR-Cas9.
Das Thema zieht großes Interesse von Investor:innen an und bleibt auch im Jahr 2024 ein bedeutendes Feld in der Food-Tech-Branche. In Europa wird die Debatte jedoch weiterhin stark von den rechtlichen Rahmenbedingungen geprägt sein, welche die Zulassung von GVO-Produkten entweder ermöglichen oder verhindern werden.
Was wir im Jahr 2024 und darüber hinaus sehen werden, ist eine Lebensmittelindustrie, die zunehmend von ethischen, gesundheitlichen und technologischen Überlegungen angetrieben wird. Diese Entwicklungen bieten nicht nur für Unternehmen und Investor:innen spannende Perspektiven, sondern auch für uns als Konsument:innen.

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