Kolumnen

Han-est Review: Juicy Marbles Bone-in-Ribs

von Hanna Stummer


Foto: Hanna Stummer

Ich oute mich gleich zu Beginn einmal als große Fleischersatz-Produkt Fanatikerin. So gerne ich Tofu und Gemüse habe, die Convenience, die fleischähnliche Produkte in mein Leben gebracht haben und die Möglichkeit, nostalgische (ja, oft etwas ungesunde) Gerichte zu kochen, ohne große Abstriche im Geschmack zu machen, möchte ich nicht mehr missen. Für viele Vegetarier:innen und Veganer:innen wirken Produkte, die Fleisch geschmacklich und von der Konsistenz her zu sehr ähneln schon etwas abstoßend – ich gehöre nicht zu ihnen. Ich möchte an dieser Stelle keine lange Rede darüber halten, warum ich vor 12 Jahren aufgehört habe, Fleisch zu essen, aber so viel sei gesagt: wegen dem Geschmack war es definitiv nicht.
Somit freue ich mich immer riesig, wenn es neue Produkte gibt, die ich austesten kann – und während ich keine perfekten Imitate erwarte, fettig, rauchig und umami darf es gerne einmal sein. Deswegen auch die große Freude, als der slowenische pflanzliche Steakpionier Juicy Marbles ankündigte, einen stark limitierten Batch von Bone-in-Ribs mit essbaren „Knochen“ von 500 Stück anzubieten. Das Produkt ist laut dem Unternehmen noch in der experimentellen Phase, irgendwann wollen sie angeblich die Knochen so weit haben, dass man sie nach Verzehr des Fleisches auskochen und die Brühe weiterverwerten kann. Talk about the future.
Noch ein kleiner Hinweis zu mir: Ich vermisse am fleischlosen Leben kaum etwas so, wie Knochen abnagen oder „küfeln“ wie wir in Oberösterreich sagen würden. Ich weiß ich schrecke da schon manche echten Fleischesser ab, aber – den Knorpel zerbeißen und das Knochenmark aussaugen war mein absolutes Highlight bei Chicken Wings u.ä.. Vegetarischen Knochen-Ersatz für Gerichte wie Ribs oder Wings gibt es übrigens einige, oft kommen Bambusstöckchen zum Einsatz (Spoiler: langweilig, weil kann man nicht küfeln), manche nutzen essbare, aber fragwürdige Methoden wie Stangensellerie. Lange Rede kurzer Sinn – auf die Ribs war ich sehr gespannt. 
Das Produkt selbst sieht erst einmal genial aus, die durch ein kleines Sichtfenster einsehbaren „Knochen“ erinnern wirklich optisch an die gebogenen Teile eines Rippenbogens. Der Geruch des ausgepackten Produkts war sehr fleischig und appetitanregend. Wir entschlossen uns, die Rippchen ohne extra Marinade und Rub zuzubereiten, um den echten Geschmack besser beurteilen zu können (auch hier ein Spoiler: Auch echtes Fleisch wird gewürzt und das hat einen Grund). Wir legten sie zuerst in die Pfanne, um ihnen ein bisschen Farbe zu geben und verfrachteten sie dann im Backrohr, um sie gleichmäßig durch zu erhitzen. Dazu gab es klassisch Kartoffeln und Salat. Gleich zu Beginn fiel auf, dass die Rippchen viel weniger in der Pfanne kleben blieben als die Juicy Marbles-Steaks. Bräunen ließen sie sich auch sehr gut.

Die Ribs mit fragwürdiger Rosmarin-Deko. Foto: Hanna Stummer

Das Problem begann für mich an dieser Stelle, durch das Auftauen und das Braten verlor das Produkt einiges an struktureller Integrität, die Knochen wurden also im Fleisch locker. Der Geruch wurde dem Juicy Marbles-Steak auch ähnlicher – ich hatte zuvor angesprochen, dass ich enttäuscht wäre wenn sie einfach Knochen in dasselbe Produkt gesteckt hätten. Turns out, das ist womöglich genau so passiert. Geschmacklich unterschieden sich die Rippchen für mich quasi null vom Steak – wovon ich, was die Textur betrifft, ein großer Fan bin aber besonders ungewürzt empfinde ich es als ein bisschen eintönig. Gut mariniert sind sie super, am allerbesten mag ich sie zerteilt als Pulled-Pork Ersatz. Bei den Rippchen war ich enttäuscht davon, dass sie sich bei nur leichtem Ziehen komplett vom Fleisch lösten. Es kann gut sein, dass das Fleisch mit anderen Gewürzen nach mehr schmeckt und eventuell bei anderer Zubereitung besser zusammenhält, aber mit diesem etwas drastischen Test wurde die überspannte Erwartungshaltung nicht ganz erfüllt. Ein riesen Bonus für mich waren aber tatsächlich die essbaren Knochen. Man konnte sie tatsächlich beißen, zumindest die Teile die im Fleisch geblieben waren und dadurch wenig Flüssigkeit verloren hatten. Die Textur erinnerte an sehr zähes Jerky, was ich aber, trotz leichten Kieferschmerzen am nächsten Tag, gut fand (vielleicht hätte ich auch nicht alle sechs Stück persönlich testen müssen, okay). Die Knochen scheinen aus demselben Material zu bestehen wie das Fleisch selbst, nur sehr konzentriert und gepresst, die Möglichkeit, sie irgendwann auszukochen, sehe ich also nicht als sehr weit hergeholt.
Alles in allem geben wir den Bone-In-Ribs eine solide 6,65/10. Rippchen sind es noch keine und ohne Gewürze sind sie etwas langweilig, aber wir würzen ja auch das reguläre Juicy Marbles stark vor und sind dann damit zufrieden. Genial ist auf jeden Fall, dass immer mehr innovative Produkte konzipiert werden und wir uns durch alle durchkosten können. Wenn ich dann endlich etwas Ordentliches zum küfeln habe, bin ich wunschlos glücklich. 

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