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Gewollte Innovation oder zu viel Technologie?
Ursprünglich eng mit der Gaming- und Unterhaltungsindustrie assoziiert, erweitert Augmented Reality (AR) nun ihren Einflussbereich und findet zunehmend Anwendung in Küchen und Restaurants. Diese technologische Welle möchte die Art und Weise, wie wir essen, wie wir über Essen lernen und wie wir es erleben, bereichern.
Die Größe des Augmented-Reality-Marktes wird für 2024 auf 42,48 Mrd. USD geschätzt und soll bis 2029 248,38 Mrd. USD erreichen. Die Möglichkeiten von Augmented Reality sind endlos, insbesondere in Kombination mit der sich ständig weiterentwickelnden drahtlosen Technologie, die die Integration von mobilen und Haushaltsgeräten ermöglicht, um Endverbraucher:innen ein verbessertes, vernetztes Erlebnis zu bieten. All das bedeutet aber auch für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie viele Möglichkeiten, ihre Kund:innen auf spannende und innovative Weise anzusprechen.
Ein Restaurant, in dem die Menüs durch AR lebendig werden? Gäst:innen können mit ihren Smartphones oder AR-Brillen über das Menü scannen und die Gerichte vor ihren Augen erleben – mit Informationen über die Zutaten, die Herkunft der Produkte und sogar die Zubereitungsart. AR-Menüs bieten den Gäst:innen eine realistische Ansicht der einzelnen Gerichte oder auch eine Hilfe bei der Wahl der Speisenbegleiter bzw. Getränke.
Eine AR-Speisekarte ist eine gute Option für Besucher:innen, die ein Restaurant in einem fremden Land besuchen und nicht wissen, wie das lokale Essen aussieht oder schmeckt. Mit Hilfe von Augmented Reality kann die Beschaffenheit und die Zutaten des Essens leichter eingeordnet werden, damit Gäst:innen aus dem Ausland nicht ahnungslos bei „Salzburger Nockerl” oder „Tafelspitz” hängen bleiben.
Im „Sublimotion“ auf Ibiza werden nicht nur Menükarten durch AR ergänzt. Es ist ein umfassendes Erlebnis, das nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam ist. Auch in Wien gab es kürzlich die Möglichkeit, AR zu erleben – im Projekt Le Petit Chef von Skullmapping werden Gäst:innen von einem winzigen, virtuell erzeugten Koch auf dem eigenen Tisch unterhalten. Dieser zeigt, welche Zutaten verwendet wurden und mit welcher Sorgfalt das Personal in der Küche die Speisen zubereitet. Besonders für Kinder könnte das ein Modell sein, mit dem sie mit AR (lehrreich) unterhalten werden können, während die Eltern essen.
Auch in der Ausbildung und Schulung von Küchenpersonal oder Hobbyköch:innen zeigt AR ihr Potenzial. Plattformen wie „Kabaq” nutzen AR, um Anfänger:innen virtuell zu zeigen, wie Gerichte zubereitet und präsentiert werden sollen. Diese Technologie ermöglicht eine interaktive, visuelle Anleitung, die das Erlernen neuer Fertigkeiten und Techniken erleichtert. Ähnliche Apps finden immer häufiger Einzug als ergänzendes Service bei Kochschulen.
Dank des Einsatzes von Augmented Reality haben sich inzwischen auch Lebensmittelverpackungen von statischen Etiketten weg entwickelt. Produktverpackungen oder auch In-Store Erlebnisse können ebenfalls interaktive digitale Erlebnisse anbieten. Es gibt viele verschiedene Optionen, die Vermarkter:innen innerhalb der Anwendung nutzen können, beispielsweise Video-Tutorials mit verschiedenen Möglichkeiten, wie Kund:innen das Produkt selbst ausprobieren können. Sie können sie außerdem nutzen, um die Geschichte der Lebensmittelherstellung oder sogar ein lustiges Spiel zum Produkt hinzuzufügen, auf das Käufer:innen zugreifen können. Eine attraktive AR-Lebensmittelverpackung kann zu mehr Markenbindung führen. All diese Möglichkeiten können die Kaufentscheidung beeinflussen oder auch Wartezeiten schneller vertreiben, wie zum Beispiel mit der AR-App von Starbucks, die in eine virtuelle Rösterei führt.
AR in der Gastronomie verbessert aber nicht nur die Kund:innenerfahrung. Es bietet auch in der Küche und im Service enorme Vorteile. Wie in vielen anderen Branchen auch, profitieren alle Beteiligten durch Schulungen, die digitale Lösungen verwenden. Interaktive AR-Schulungen können Abläufe und Verfahrensweisen innerhalb des Restaurants schneller vermitteln und gegebenenfalls auch Optimierungsbedarf aufzeigen. Ein Beispiel? Die korrekte Belegung eines Burgers wird durch AR visuell vermittelt, ohne dass Zutaten verschwendet werden. Theorie und Praxis lassen sich schneller miteinander in Einklang bringen und visuell besser vermitteln als über umständliche Erklärungen – besonders im Kontext von sprachlichen oder kulturellen Unterschieden.
AR bietet viele Möglichkeiten, das Essen oder Lebensmittel selbst interaktiver und informativer zu gestalten und in der Küche kann AR zur effizienteren und kostengünstigeren Produktion beitragen.
Trotz dieser Vorteile gibt es auch Zweifel. Die Sorge besteht darin, dass das Essen selbst zur Nebensache wird, während der Fokus verstärkt auf der Technologie liegt. Zudem sind Kosten und Zugänglichkeit der AR-Technologie Herausforderungen, die es zu berücksichtigen gilt. Die Implementierung solcher Systeme kann teuer sein und ist möglicherweise nicht für alle Unternehmen oder Kund:innen zugänglich.
Insgesamt bietet AR sowohl einzigartige Möglichkeiten, Essen interaktiver, informativer und personalisierter zu gestalten, als auch Herausforderungen in Bezug auf Kosten, Zugänglichkeit und Bewahrung der Esskultur. Es bleibt abzuwarten, wie sich AR in der Gastronomie weiterentwickeln und in unsere Esskultur integrieren wird. Die Zukunft von Augmented Reality in der Kulinarik verspricht aber spannend zu sein.